Die Familie der Grafen und Freiherren von Hardenberg

Die Familie der Grafen und Freiherren von Hardenberg benannte sich ursprünglich nach den nordwestlich der Burg Hardenberg gelegenen Stammsitzen Thüdinghausen und Großenrode. Angehörige des Geschlechts waren Burgmannen der Erzbischöfe von Mainz. Mit Bernhardus de Thutigehusen wurde es im Jahr 1139 erstmals urkundlich erwähnt.

Seit 1219 führt die Familie den Namen Hardenberg und hat bis heute das Schloss Hardenberg (www.der-hardenberg.de) in Nörten-Hardenberg bei Göttingen als Stammsitz. Die direkte Stammreihe der Hardenbergs beginnt mit Ritter Bernhard von Hardenberg (erwähnt 1219–1241).  Seit 1287 hatten Angehörige des Geschlechts die Burg Hardenberg in Pfandbesitz. Der wurde 1607 gekündigt, doch konnten die Herren von Hardenberg mit Hilfe des Herzogs Heinrich Julius von Braunschweig den Besitz behaupten.

Eine Teilung des Familienbesitzes hatte bereits 1409 durch Dietrich von Hardenberg stattgefunden, wodurch sich die Zweige Vorder- und Hinterhaus herausbildeten, die sich den Grundbesitz und die Burg aufteilten. Nachdem das Vorderhaus 1698 bei einem großen Gewitter eingestürzt war, zog dessen Linie in das nahe gelegene Göttingen und 1710 in das neu errichtete Schloss Hardenberg am Fuße des Burgberges. Die Linie "Hinterhaus" verließ die Burg 1720, sie wurde zur Ruine.

Bereits um 1340 war eine Linie nach Dänemark ausgewandert, die auf der Insel Fünen ansässig wurde, so von 1475 bis 1615 auf Gut Skjoldemose in Stenstrup Sogn; diese Linie ist erloschen.

Stammvater aller späteren Linien war Hildebrand Christoph von Hardenberg, Statthalter und ab 1682 Präsident des geheimen Ratskollegiums zu Braunschweig.

Der braunschweig-lüneburgische Landrat Hans Ernst von Hardenberg und dessen ehelichen Nachkommen wurden durch Kaiser Joseph II. am 8. März 1778 in Wien in den Reichsgrafenstand erhoben.


Wappen

Die Herren von Hardenberg hatten mehrmals ihr Wappen geändert. In alten Siegeln erscheinen zuerst zwei senkrecht gestellte, abgekehrte Schlüssel. Es war wohl das Wappen der Burgmannschaft, da ein weiteres Burgmannengeschlecht, die Herren von Rosdorf, ein gleiches Wappen führten, allerdings mit anderen Farben. Eine Stammesgenossenschaft der von Hardenberg und von Rosdorf ist aber nicht erwiesen. Hermann von Hardenberg besaß seit 1270 ein anderes Heroldsbild, einen mit einer Stufe quergeteilten Schild. Hildebrand von Hardenberg führte zuerst 1330 den heute bekannten Keilerkopf.

Nach der Wappensage wurde die Burg um 1330 von den benachbarten Raubrittern der Burg Plesse belagert. Des Nachts wollten diese die Burg erstürmen und hätten wohl die Hardenberger tödlich im Schlaf überrascht, wenn nicht das nächtliche Tun eine Rotte Schwarzwild aufgeschreckt hätte. Das Grunzen der Wildschweine weckte die Burgherren und half ihnen so, den Angriff abzuwehren. Aus Dankbarkeit für diese wundersame Errettung aus höchster Not nahm die Familie den Keilerkopf in ihr Wappen auf.




Berühmte Familienmitglieder


1. Novalis (Friedrich Freiherr von Hardenberg)

Unter dem Namen Novalis hat Friedrich Freiherr von Hardenberg, der am 2. Mai 1772 auf dem elterlichen Gut Oberwiederstedt im Mansfeldischen geboren wurde und nur 28 Jahre alt geworden ist, "das wunderlichste und geheimnisvollste Werk" hinterlassen, "das die deutsche Geistesgeschichte kennt" (H. Hesse).
Sein kurzes Leben verlief äußerlich ohne große Ereignisse: im streng pietistischen Elternhaus wuchs er mit 11 Geschwistern auf, die wie er fast alle sehr jung gestorben sind. Ersten Unterricht erhielt er durch den Hauslehrer Carl Christian Erhardt Schmidt, einem Theologen und Freund Schillers.
1785 übersiedelte die Familie nach Weißenfels; der Vater war zum kurfürstlichen Salinendirektor ernannt worden. Friedrich v. Hardenberg schrieb erste Verserzählungen und Sonette. Seit 1790 an der Universität Jena zum Studium der Jurispudenz immatrikuliert, interessierte er sich vor allem für Philosophie, Geschichte und Literatur - mit Friedrich Schiller schloss er engere Bekanntschaft.
1791/92 studierte er in Leipzig und begegnete Friedrich Schlegel; es begann eine lebenslange Freundschaft, begründet auf gemeinsamer Liebe zur Philosophie.
1794 legte er in Wittenberg, wohin ihn sein Vater seines "lockeren Lebenswandels" wegen verbannt hatte, sein juristisches Examen mit der Bestnote ab und übersiedelte nach Tennstedt, wo er als "Aktuarius" am örtlichen Kreisamt in der Verwaltung arbeitete.

Im November 1794 lernte er auf dem nahe gelegenen Landgut Grüningen die dreizehnjährige Sophie von Kühn kennen, und die Liebe, die er für "diese schöne und wunderbar liebliche Gestalt" (L. Tieck) augenblicklich empfand, entschied über seine ganze weitere Existenz. Durch sie bekam er den "Beruf zur unsichtbaren Welt". Die nächsten Monate wurden zu den glücklichsten seines Lebens und führten 1795 zu einem inoffiziellen Verlöbnis; im Herbst des gleichen Jahres erkrankte Sophie zum ersten Mal schwer. Zur gleichen Zeit begegnete Hardenberg in Jena Gottlieb Fichte, mit dessen "Wissenschaftslehre" er sich intensiv befasste. Novalis eigenständiges Philosophieren nimmt in den in diesen Zeiten entstandenen "Fichte-Studien" seinen Ausgang und wird - zusammen mit dem Denken Hölderlins - rasch zum intellektuellen Fundamit der gesamten Bewegung, die wir heute "Romantik" nennen. Wenig später trat er eine Stelle bei der Salinendirektion in Weißenfels an.
Doch Sophies Krankheit ist unheilbar; ihr Tod im März 1797 stürzte Hardenberg in eine die Grundfesten erschütternde Krise, die sein Leben, sein Denken und Dichten lebenslang bestimmt hat.

Zunächst entschloss er sich zu einem Zweitstudium an der Bergakademie Freiberg, um sich beruflich weiter zu qualifizieren; neue Freundschaften, wie mit Caroline und August Wilhelm Schlegel, mit Ludwig Tieck, Besuche bei Goethe, Schiller und Herder fielen in eine Zeit kaum vorstellbarer Produktivität. Naturwissenschaftlich-philosophisch-aphoristische Schriften, die "Fragmente", entstanden, von denen Hardenberg, erstmals unter den Namen Novalis, eine Sammlung in der Zeitschrift "Athenäum" 1798 publizierte ("Blütenstaub"). Weltbild und Denkstruktur der frühromantischen Eopche sind hier exemplarisch zum Ausdruck gekommen. Die sechs "Hymnen an die Nacht" feierten den Tod und die Nacht in einer Sprache von höchster musikalischer Schönheit als das unendliche Reich der Poesie und der mystischen Vereinigung mit der göttlichen Liebe.
Er arbeitete an dem unvollendeten Roman "Die Lehrlinge von Sais" und drückte seine tiefe Beziehung zur christlichen Religion in den "Geistlichen Liedern" aus, von denen viele Eingang in die Gesangsbücher gefunden haben ("Wenn ich ihn nur habe", "wenn alle untreu werden").
Der Aufsatz "Die Christenheit oder Europa" spricht von seiner Hoffnung auf eine Wiedergeburt Europas im Geist eines christlichen Universalismus - weit ab von der Realität eines napoleonisch geprägten Nationalismus seiner Zeit.
Seine tiefsten Ideen über Natur, Geist und Religion, den "Weg nach Innen", wie auch über die im Symbol der "Blauen Blume" verkörperten Dichtung aber gestaltete Novalis in dem Romanfragment "Heinrich von Ofterdingen", an dem der an Tuberkulose Erkrankte bis zuletzt gearbeitet hat.
Die Hoffnung, seine neue Verlobte, Julie von Charpentier, bald heiraten und mit ihr das ersehnte häusliche Leben führen zu können, erfüllte sich nicht. Novalis starb am 25. März 1801 im Beisein seines Bruders Karl und Friedrich Schlegel.

Novalis war der bedeutendste Poet der Frühromantik und gilt als der erste moderne Dichter. Sein Werk beeinflusste Thomas Mann, Hofmannsthal und Hermann Hesse, die französische, englische und amerikanische Dichtung. Unzählige Veröffentlichungen seind zu seinem Leben und Werk erschienen.
Sein Andenken lebt auch in seinem Geburtshaus in Oberwiederstedt (Sachsen-Anhalt) weiter, dem Geschäftssitz der Internationalen Novalis-Gesellschaft. Zu seinem 200. Todestag, am 25. März 2001, wurde die Novalis-Stiftung gegründet, deren Zweck die Förderung von Kunst, Wissenschaft und Forschung sowie die soziokulturelle und soziopädagogische Bildung auf Grundlage des Menschen- und Weltbilds von Novalis ist. Das Geburtshaus wurde hiermit zur Stätte von Forschung und Museum.


2. Karl August Fürst von Hardenberg

"war Verwaltungsbeamter, Diplomat, Gutsherr, Lebemann, einer der großen Staatsreformer des 19. Jahrhunderts und einer der führenden Staatsmänner im europäischen Konzert der Großmächte", so hat der Historiker Thomas Stamm-Kühlmann, Herausgeber der Tagebücher Hardenbergs, sein Leben und Wirken zusammengefasst.
Geboren am 31.5.1750 als ältester Sohn des hannoverschen Feldmarschalls Christian Ludwig v. Hardenberg wuchs er zunächst bei seinem Onkel, dem aufgeklärten und hochgebildeten Geheimen Rat und Gartendirektor Friedrich-Carl v. Hardenberg in Hannover, später auf den Stammgütern der Familie bei Göttingen auf. Nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften begann er seine berufliche Karriere in der hannoverschen Verwaltung; nach einem Skandal um eine Liaison seiner Ehefrau Christiane, geb. Gräfin Reventlow, mit dem englischen Kronprinzen wechselte er in die Dienste des Herzogstums Braunschweig-Wolfenbüttel (1783). Als Minister versuchte er eine Reform des Verwaltungs- und Erziehungssystems, konnte seine Ideen aber gegen der Widerstand der Stände und der Kirche nicht durchsetzen.
Neue Perspektiven eröffnete ihm sein Übertritt in die Dienste der fränkischen Hohenzollen (1790). Als Minister des Markgrafen von Ansbach-Bayreuth bereitete er die Eingliederung der beiden Markgrafschaften in den preussischen Gesamtstaat durch ein drakonisches Reformprogramm vor. Erste diplomatische Aufgaben übernahm der fränkische Provinzialminister als er 1795 im Auftrag der preussischen Regierung den Separatfrieden mit dem revolutionären Frankreich in Basel abschloss. Nach der Eingliederung des fränkischen Provinzialministeriums in das preussische Generaldirektorium übersiedelte Hardenberg nach Berlin und griff sogleich mit verschiedenen Denkschriften in die Debatte um eine Reform des preussischen Staates ein. 1804 zum Außenminister bestimmt, steuerte er einen überaus schwierigen Kurs zwischen Anpassung und Widerstand gegen Napoleon. Nach Preussens Niederlage 1806 wurde er für kurze Zeit leitender Minister, 1807 auf Verlangen Napoleons entlassen.
Im Auftrag des Königs verfasste er 1807 die sog. "Rigaer Denkschrift", die zusammen mit Steins "Nassauer Denkschrift" zur Grundlage der preussischen Reformen wurde. Kernforderungen dieses Programms waren die Herstellung von Gleichheit und Freiheit aller Staatsbürger durch Abschaffung der bäuerlichen Erbuntertänigkeit und der Adelsprivilegien, Gewerbe- und Handelsfreiheit durch Aufhebung der Zunftordnung und eine umfassende Umstrukturierung der gesamten Staatsverwaltung. Nach Hardenbergs Ernennung zum Staatskanzler 1810 wurde die gesamte soziale und wirtschaftliche Verfassung Preussens grundlegend umgestaltet: durch die Gewerbesteueredikte, die Zoll- und Steuergesetzgebung, durch Agrargesetze, die die Emanzipation der Juden. 1812 schloss er ein Bündnis mit Napoleon, betrieb jedoch eine verdeckte militärische Aufrüstung, die nach der Katastrophe des französischen Russlandfeldzuges 1813 zum Kriegseintritt Preussens gegen Frankreich führte. Nach der Niederlage Napoleons und dem Einzug der aliierten Truppen in Paris 1814 wurde der Staatskanzler in den Fürstenstand erhoben und erhielt die Güter Quilitz, Rosenthal und Lietzen im Oderbruch als freie Standesherrschaft Neuhardenberg verliehen, die sich nach der Enteignung 1947 heute teilweise wieder im Familienbesitz befinden.
Hardenberg gehörte zu den preussischen Politikern, die auf dem Wiener Kongress (1814/5) über die Neuordnung Europas verhandelten, und für Preussen beachtliche Territorialgewinne in Sachsen, Posen, Westfalen und dem Rhienland erhielten.
Hardenbergs letzte Jahre als Leiter der preussischen Politik waren gekennzeichnet durch die Konflikte mit König Friedrich Wilhelm III. über eine Verfassung für den Gesamtstaat und einflussreichen Kreisen bei Hof und in der Verwaltung, die mit wachsendem Erfolg die Reformgesetzgebung bekämpften. Außenpolitisch vertrat er Preussen auf allen internationalen Kongressen und wirkte an der Gestaltung der europäischen Politik im Zeichen der "Heiligen Allianz" mit. Nach dem Kongress von Verona starb Hardenberg am 26. November 1822 in Genua.

Hardenberg war dreimal verheiratet; sein Sohn Christian Graf v. Hardenberg-Reventlow trat in dänische Staatsdienste und schloss als Vertreter seines Landes 1814 mit seinem Vater den preussisch-dänischen Friedensvertrag ab. Seine Tochter Lucie heratete den berühmtesten Landschaftsarchitekten des 19. Jahrhunderts, den Fürsten Pückler, dessen Briefe an seine geschiedene Frau unter dem Titel "Briefe eines Verstorbenen" zu den meistgelesendsten Büchern des Jahrhunderts gehört haben. Preussens bedeutendster Architekt, Karl Friedrich Schinkel, schon früh ein Protégé des Staatskanzlers, baute Schloss Neuhardenberg zu einer prächtigen Residenz um. Hier, neben der ebenfalls von Schinkel umgestalteten und heute sorgsam restaurierten Dorfkirche, ist der Staatskanzler begraben, dessen Amt mit seinem Tod erlosch.

Literaturhinweis:
Peter G. Thielen: Karl August von Hardenberg, 1750–1822 – Eine Biographie. Köln/Berlin 1967, ISBN 978-3-7745-0053-2.
Ingo Herrmann: Hardenberg: Der Reformkanzler. Berlin 2003, ISBN 3-88680-729-0.
Lothar Gall: Hardenberg: Der Reformer und Staatsmann. München, Berlin 2016, ISBN 978-3-492-95210-1.

3. Carl Hans Graf von Hardenberg

Ebenso wie sich beispielhaft in den großen Gestalten der Familie, dem Staatskanzler und Novalis die prägenden Ideen des späten 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts erkennen lassen, die Aufklärung, politisch-ökonomischer Reformwille und die romantische Gegenbewegung auf christlicher Grundlage, so verdichten sich im Leben des Carl-Hans Graf von Hardenberg exemplarisch die geistigen Auseinandersetzungen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, seine Verbrechen, seine Helden und Märtyrer.

Der am 22. Oktober 1891 im schlesischen Glogau Geborene war Sohn eines preussischen Majors, eines Ururgroßneffen des Staatskanzlers, seine Mutter eine Großnichte des Dichters Novalis.

Nach dem Abitur trat er als Fahnenjunker in das Erste Garderegiment zu Fuß in Potsdam ein. 1914 war er Chef der Leibkompanie. Im gleichen Jahr heiratete ere Renate Gräfin von der Schulenburg/Lieberose: vier Töchter und ein Sohn gingen aus dieser Ehe hervor.
Der Erste Weltkrieg, den er an der Frankreichfront verbrachte, hat Carl-Hans Hardenberg tief gepräft, die bitteren Erfahrungen an der Front und schweren Kriegsverletzungen, an denen er sein Leben lang litt.

1919 als Oberleutnant aus dem aktiven Dienst entlassen, arbeitete er zunächst bei seinem Schwiegervater in der Landwirtschaft. 1921 erbte er von einem Onkel die Standesherrschaft Neuhardenberg, 7.400 Hektar, die stattliche Dotation des Staatskanzlers, die ihn zu einem der angesehensten Großgrundbesitzer Brandenburgs machte. Wegen hoher finanzieller Erblasten erwies sich die wirtschaftliche Lage der Familie in den "goldenen Zwanzigern" aber als überaus schwierig.
Um politisch Einfluss zu nehmen und günstige Bedingungen für einen Aufschwung in der Landwirtschaft schaffen zu können, engagierte er sich im Arbeitsausschuss des Brandenburgischen Landbundes. Der überzeugte Christ sah sich täglich mit der oft katastrophalen sozialen Lage der Landarbeiter konfrontiert und suchte sie nach Kräften zu verbessern. Als Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei war er Führer der politischen Rechten im Kreistag, als Konservativer strikter Gegner des Marxismus, trat jedoch entschieden gegen jede Form der Unduldsamkeit gegen Andersdenkende auf, und dies machte ihn von Anfang an zum Gegner der erstarkenden Nationalsozialisten.
1933 trat er von allen politischen Ämtern zurück, um sich nicht indirekt von den neuen Herren vereinnahmen zu lassen. Zivilcourage zeigte er, als er als Kirchenpatron den Ortspfarrer von Neuhardenberg wegen der Nähe zum Nationalsozialismus gegen den hinhaltenden Widerstand der Kirchenoberen absetzen und durch einen Geistlichen der "Bekennenden Kirche" ersetzen ließ. Die Morde im Zusammenhang mit der Röhm-Affäre 1934 und die Diffamierung des Generalobersten von Fritsch 1938 empörten Hardenberg zutiefst, sah er doch klar die ethischen Grundlagen des Soldatentums in Gefahr. So baute er seine Kontakte zu einer kleinen Gruppe von Gleichgesinnten, Zivilisten und Offizieren, die Hitler misstrauten, weiter aus; die meisten von ihnen sind später hingerichtet worden.

Nach Anbruch des Zweiten Weltkriegs wurde Hardenberg im Herbst 1940 zum persönlichen Adjutanten des Oberbefehlshabers der Heeresgruppe B, Generalfeldmarschall von Bock, ernannt. Schon bald nach dem deutschen Einmarsch in die Sowjetunion im Juni 1941 wurde er Zeuge von Massenexekutionen an Juden und Partisanen und vergeblich forderte er seinen Chef dazu auf, die verantwortlichen SS-Angehörigen zur Verantwortung zu ziehen. Vor dem Nürnberger Kriegsverbrechtertribunal sind die im Raum der Heeresgruppe Mitte verübten Verbrechen ausführlich dargestellt worden. So war es für Hardenberg sicher ein Glück, dass Feldmarschall von Bock im Juli 1942 von Hitler abgesetzt wurde und mit ihm sein Adjutant aus dem Frontdienst ausscheiden und nach Neuhardenberg zurückkehren konnte.
Mit aller Energie schaltete er sich nun in die schon weit fortgeschrittenen Pläne zur Beseitigung Hitlers ein, wie er es mit dem damaligen Oberstleutnant Henning von Treschkow bei einem Ritt an den Ufern der Beresina 1941 verabredet hatte.

Das Schloss Neuhardenberg, 80 km von Berlin entfernt, eignete sich hervorragend als konspirativer Treffpunkt. Die Familie unterstützte die Pläne rückhaltlos und alle bedeutenden Namen des Widerstandes fanden sich im Gästebuch wieder, das später der SS in die Hände fiel. Hardenberg war nach dem geplanten Umsturz für das Amt des Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg und der Stadt Berlin vorgesehen, und zur Vorbereitung dieser Tätigkeit führte er Gespräche mit dem eingeweihten Polizeipräsidenten und anderen Behördenvertretern.
Schließlich, nach nervenaufreibendem Warten auf einen günstigen Zeitpunkt, schritt Oberst Graf Stauffenberg am 20. Juli 1944 zur Tat; doch Hitler überlebte und die furchtbaren Folgen sind bekannt.

Drei Tage nach dem missglückten Attentat erschien die Gestapo, um Hardenberg in Neuhardenberg zu verhaften. Um nicht unter der Folter zum Verräter seiner besten Freunde zu werden, versuchte er, sich erst zu erschießen - als sich die Schüsse aber als nicht tödlich erwiesen, schnitt er sich die Pulsadern auf.
Doch Hardenberg überlebte und wurde in das KZ Sachsenhausen, die Tochter Reinhild (Wonte) als inoffizielle Verlobte des Adjutanten Stauffenbergs, Werner von Haeften, und engste Mitarbeiterin ihres Vaters in ein Berliner Frauengefängnis eingeliefert. Der schwerverletzte Hardenberg wurde von seinen Mitgefangenen, einem französischen Chirurgen und einem sächsischem Kommunisten, umsichtig gepflegt.
Bei den Verhören durch die SS verteidigte er sich geschickt, wie auch seine Tochter; trotzdem hätte ihm, wäre es noch zu einem Prozess gekommen, die Todesstrafe gedroht.Täglich erlebte er im Lager öffentliche Hinrichtungen und Auspeitschungen, 53 von 86 Mann aus seinem Schlafraum wurden in die Gaskammer geschickt.
Schließlich, am 22. April 1945 befreite die Rote Armee das Lager. Hardenberg hatte seine Rettung stets als Wunder Gottes empfunden.

Im Oktober 1946 begann Carl-Hans Hardenberg eine neue Tätigkeit als Vermögensverwalter des Hauses Brandenburg-Preussen; keine leichte Aufgabe, denn das ehemalige Kaiserhaus hatte 98% seines Besitzes verloren.
Auch politisch hat er sich noch engagiert für die Gründung eine christlich-konservativen Partei.

Doch die Verwundungen aus dem Ersten Weltkrieg und die Selbstmordversuche hatten seine Gesundheit untergraben. Er starb am 24. Oktober 1958 in Frankfurt/Main.

Seinen Wunsch, auf dem Familienfriedhof an der Schinkelbrücke in Neuhardenberg beigesetzt zu werden, hatte der damalige Bürgermeister von Marxwalde mit den Worten abgelehnt: "Wir haben in unserem Land die Junker und Großgrundbesitzer von dannen gejagt und wollen weder sie noch ihre Asche wiederhaben".
Doch 33 Jahre später gab es Marxwalde nicht mehr. Anlässlich seines 100. Geburtstages, am 22. Oktober 1991, ging der Wunsch des Verstorbenen in Erfüllung: Seine und die Urne seiner Frau wurden nach Neuhardenberg überführt.

Literaturhinweis:
Klaus Gerbet: Carl-Hans Graf von Hardenberg 1891-1958. Ein preußischer Konservativer in Deutschland. Berlin, 1993